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Die Steine von Venedig

Corso 52/2018

Erschienen am 07.09.2018
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737407472
Sprache: Deutsch
Umfang: 296 S., etwa 100 Zeichungen und Fotografien
Format (T/L/B): 2.5 x 25 x 20 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Ruskin machte sich Gedanken um den Fortbestand Venedigs. Aus Sorge, dass viele Bauten in Zukunft durch die zunehmende Industrialisierung unwiderruflich verloren sein könnten, fertigte er Hunderte von Zeichnungen an, porträtierte Details von Fassaden und ganzen Häusern, zeichnete Kirchen und Basiliken und versuchte so, in Bild und Beschreibung die sterbende Schönheit der Serenissima festzuhalten. Mit 'The Stones of Venice' leistete John Ruskin wichtige Beiträge zur Architekturtheorie. 'The Stones of Venice' ist geprägt von einer idealisierten Darstellung insbesondere der Gothik in Venedig einschließlich ihrer sozialen Begleitumstände. Außerdem beinhalten die 'Stones' präzise Darstellungen und Beschreibungen venezianischer Architektur und Malerei, besonders von Tintoretto, die für baugeschichtliche Analysen bis heute von größtem Interesse sind. Diese Neuausgabe der 'Steine von Venedig' enthält auch die Daguerreotypien, die erst 2006 entdeckt und restauriert wurden. Sie werden hiermit erstmals in einer deutschen Buchpublikation gezeigt: 'Zwei Sammler haben unbekannte Daguerreotypien von John Ruskin entdeckt. Die Aufnahmen venezianischer Palazzi und Alpenmotive wurden nun in London präsentiert. Ihr Fund ist eine Sensation.' Frankfurter Allgemeine Zeitung Für Architekten, Städteplaner, Designer und alle, die Venedig lieben: Das Grundlagenwerk über die Serenissima und ihre Architektur ist endlich wieder lieferbar - in einer besonders schönen Ausgabe.

Autorenportrait

John Ruskin war Schriftsteller, Maler, Kunsthistoriker und Sozialphilosoph. Geboren 1819 in London, starb er hochangesehen 1900 in Brantwood/Lancashire. 1843 bis 1860 verfasste er eine mehrbändige Geschichte der modernen Malerei und lehrte ab 1869 in Oxford Kunstgeschichte. Als vielseitig gebildeter Kunsthistoriker und bedeutender Sozialreformer nahm er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine herausragende Stellung im englischen Gesellschaftsleben ein. In vielen Schriften beschrieb er das 'Evangelium der Schönheit', worunter er eine Verschmelzung von Kunst, Politik und Wirtschaft verstand, die sich am Ideal der mittelalterlichen Kunst orientieren sollte. In der zunehmenden Industralisierung sah er die Drohung einer Verkrüppelung menschlicher Tugenden und der künstlerischen Schaffenskraft. Ruskin trat für eine Wirtschaftsethik ein, in deren Mittelpunkt der Mensch steht und die handwerkliche Arbeit als schöpferischen Wert anerkennt. Catharina Berents Kunsthistorikerin, ehemalige Direktorin des Detlefsen-Museums, von ihr erschien zuletzt 'Die kleine Geschichte des Designs' bei C.H.Beck. Wolfgang Kemp Kunsthistoriker, Autor und Professor für Kunstgeschichte; jüngst erschienen 'Der explizite Betrachter' in der unipress Konstanz und 'Der Oligarch' im Klampen Verlag

Leseprobe

Und nun folge mir, denn ich habe dich schon zu lange von deiner Gondel fern gehalten; folge mir an einem Herbstmorgen durch die dunklen Tore von Padua, und lass uns die weite, nach Osten führende Straße einschlagen. Sie liegt, eine oder zwei Seemeilen lang, ganz eben zwischen ihren Ulmen und reichbeladenen Weingehängen, deren zarte Blätter in hektischem Scharlach leuchten, während ihre Trauben sich zu düsterem Blau verdunkelt haben; dann steigt ein Damm über der Brenta auf und erstreckt sich zwischen dem Fluss und der weiten Ebene, die sich mit endlosen Reihen von Maulbeerbäumen und Mais nach Norden hinzieht. Die Brenta strömt langsam aber kräftig dahin; eine schlammige Masse gelblich-grauen Wassers, die weder eilt noch zögert, sondern schwerfällig zwischen ihren einförmigen Ufern dahingleitet, hier und da einen kurzen, murmelnden Strudel aufwirbelnd, der einen Augenblick die undurchsichtige Oberfläche durchbricht, und verschwindet als ob etwas in seine Tiefe hineingezogen wäre. Staubig und schattenlos zieht sich der Weg an der nördlichen Seite des Deichs entlang; man sieht in weiter Ferne den hohen weißen Turm von Dolo in glühendem Dunst zittern, und er scheint uns nie näher als zu Anfang zu sein. Jetzt kommen wir an einer der viel gerühmten 'Villas an der Brenta' vorüber, ein blendendes, gespenstisches Gehäuse von Bachstein und Stuck, die Fenster mit gemalten Architraven, wie Bilderrahmen, und davor ein mit Kieselsteinen gepflasterter Hof, alles brennend in fieberhafter Sonnenglut, aber der Prächtigkeit wegen, von der Landstraße durch große Pfosten und Ketten abgegrenzt; dann eine andere, von Kew Gotik, mit chinesischen Verzierungen, rot und grün bemalt; eine dritte, die zum großen Teil aus toten Mauern besteht, mit fingierten Fenstern darauf gemalt, jedes mit einer maigrünen Jalousie und einem klassischen Architrav, in schlechter Perspektive; und eine vierte, mit Stuckfiguren auf ihrer Gartenmauer, ein paar antike, wie an der Ecke von New Road, und ein paar, plumpe, groteske Zwerge mit dicken Körpern und großen Stiefeln. Das ist die Baukunst, zu der das Studium der Renaissance im modernen Italien geführt hat.

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